Nachdem
ich eine Dokumentation zum Tode von Jeremiah Duggan gesehen
hatte, kramte ich ein wenig in meinen Unterlagen zu Lyndon LaRouche
und der Europäischen Arbeiterpartei (EAP) herum. In einem Dokument
vom 30. Dezember 1976 („Übersicht der Vorstandsmitglieder der
Partei und der Landesverbände“), welches man nahezu als historisch
bezeichnen kann, betrachtete ich mir die dort aufgeführten Namen. Es
ist schon lustig zu sehen, wo diese Leute heute gelandet sind...
Heute
ist es nicht mehr die EAP, sondern
die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo). Aber in der guten
alten Zeit gab es interessante parlamentarische Anfragen und
Stellungnahmen zur EAP, die
auch eine Weile im Visier des Verfassungsschutzes stand.
Und
wo ist nun die Verbindung zu China?
Zum
einen ist es auffällig, wie intensiv BüSo seit einigen Jahren das
Lieblingsprojekt der chinesischen Regierung bewirbt: One Belt One
Road (OBOR), manche nennen es auch Seidenstrasse und es gibt noch ein
paar weitere Bezeichnungen. Russland kommt auch extrem gut weg in den
Verlautbarungen von BüSo, aber die Verbindungen zwischen BüSo und
gewissen russischen Einrichtungen - das ist ein anderes Thema.
Es
sind erfahrungsgemäß vorrangig solche Kleinstparteien und
Gruppierungen, die sich für die politischen Interessen fremder
Regierungen in einer reichlich unkritischen Art und Weise stark
machen. Das soll meinetwegen auch ihr gutes Recht sein, denn der
halbwegs über den Spiegel-Online/SZ usw. Tellerrand blickende Geist
wird das durchschauen können. Immerhin sind es nicht immer nur
Spinner, sondern auch ab und an hochseriöse Regierungsmitglieder,
die eine erstaunliche Nähe zu Botschaftsmitarbeitern zeigen.
Dennoch
sollte daruf geachtet
werden, wer sich vor welchen Karren
spannen lässt. Die politische Einflussnahme läuft nicht immer so offensichtlich und in den
üblichen Bahnen („kultureller Austausch“, „wissenschaftliche
Kooperation“ usw.) ab, wie man es annehmen könnte. Zuweilen wird
eben die Grenze zum geheimdienstlichen Arbeiten zugunsten einer
fremden Macht überschritten.
Man
kann sich ferner fragen, inwieweit eigentlich honorige Organisationen
- oder solche, die nach aussen entsprechend auftreten – sich
bewusst für die Interessen einer fremden Regierung einsetzen oder
dies in grenzenloser Naivität nicht erkennen wollen oder sogar
ignorieren. Nun stolperte ich vor einigen Monaten über den
Bundesverband
Deutsche Seidenstrassen Initiative e.V. (BVDSI),
der am 29. März 2019 seine Gründungsveranstaltung hatte.
Prompt
gab es auch ein paar kritische Stimmen, welche die doch recht
auffälligen chinafreundlichen Positionen des BVDSI bemängelten.
Und
in gewisser Weise distanzierte sich dann auch die Bundesregierung vom BVDSI.
Was
mich in diesem Zusammenhang jedoch wundert: Niemand
hat sich offenbar ein wenig näher
mit
den Mitgliedern des BVDSI befasst.
Hans
von Helldorff – Ein
paar Monate
vor
der Gründungsveranstaltung hielt
er eine Rede auf der sogenannten Bad Sodener Konferenz des Schiller
Institutes. Diese Konferenz fand vom 30. Juni bis 1. Juli 2018 statt.
Thema des vierten Panels, in
dem er sprach,
lautete – laut Website - „Wirtschaftliche und politische
Potentiale von Gürtel und Straße“. Von
Helldorff referierte zum Thema „Notwendige ordnungspolitische
Rahmenbedingungen für Investitionen der deutschen und europäischen
mittelständischen Wirtschaft in Volkswirtschaften entlang der neuen
Seidenstraße“. Sein Referat begann er mit den folgenden
freundlichen Worten:
Was soll man dazu sagen?Meine Damen und Herren, liebe Familie Zepp-LaRouche, auch ich schließe mich natürlich mit tiefer Überzeugung dieser Dankbarkeit an, die hier schon mehrfach ausgesprochen worden ist. Was ich bisher hier gesehen und gehört habe, bestärkt mich nochmals in meinem Entschluß, hierher gekommen zu sein und auch vor Ihnen eine Rede zu halten…
Lyndon
LaRouche ist im Februar 2019 verstorben. Gelinde
gesagt: Er war umstritten. Nicht vergessen sind seine besten
Beziehungen zu Sadam Hussein und auch zu anderen Diktatoren und
Extremisten aller Coloeur. Neben seinem offenbar exzellenten privaten
Geheimdienst,
zu dem ich mich früher einmal äußerte, und
seiner fanatischen
Paranoia hinsichtlich angeblicher kommunistischer Unterwanderung,
ist vielleicht der Titel einer Publikation aufschlussreich, in der
seine Bewegung/Partei/Firma
-
viellecht sollte man besser sagen: Sein Sektenimperium, straff
geführt von ihm und seiner weiterhin aktiven Frau, Helga
Zepp-LaRouche - Beachtung
findet: „Studien und Berichte. Politische Esoterik – eine
rechtsextreme Herausforderung“, 1999 von der ehrwürdigen Wiener
Landesverteidigungsakademie publiziert, Autor: Hubert Michael Mader.
Diverse
Publikationen befassen sich auch mit
dem
Antisemitismus, der immer wieder in der Organisation zu beobachten
war.
Als
LaRouche starb, erhielt
BüSo übrigens
die
merkwürdigsten
Kondolenzschreiben aus China und den dortigen Institutionen, die ich
hier nicht einzeln darstellen will, die
aber bereits die guten Verbindungen seiner Organisation nach China
zeigten.
Bei
der besagten Konferenz stellt von
Helldorff u.a. zwei Thesen vor:
Eine erfolgreiche und damit auf Kooperation ausgerichtete Wirtschaftspolitik [ist] definitiv Friedenspolitik [...] Und zum zweiten: […] Die Königsdisziplin sämtlicher politischer Felder ist die Wirtschaftspolitik. Und sonst gar nichts.
Und wer sind die Guten?? Richtig: Peking!
Von Helldorff klärt auf:
Das Interessante im Zusammenhang mit der One Belt One Road Initiative ist auch die Tatsache, daß diese Thesen, von denen ich gerade gesprochen habe, am deutlichsten und am intensivsten von der kommunistischen Regierung des bevölkerungsreichsten Landes der Erde begriffen wurden und umgesetzt wurden.
Also
ist es eine Politik des Friedens, die China betreibt, soweit konnte
ich ihm folgen.
Da
werden sich die Genossen und Oligarchen in China die Hände gerieben
haben bei soviel Pandahugging! Der Vorredner,
Prof.
Duško Dimitrijević,
sprach
übrigens zum Thema „Chinas
Neue Seidenstraße: Errungenschaften und Aussichten der
Wirtschaftskooperation zwischen Serbien und China“ -
ein Thema ganz nach dem Geschmack Pekings! Denn
in Serbien kann man schön sehen, wie die EU sich wegduckt und das
Feld den
Chinesen
überlässt. Denn:
Serbien möchte gerne hinein (ja, es gibt Länder, die IN die EU
wollen!), aber da sollte es sich eigentlich ein wenig sensibler
zeigen, was Pekings Aktivitäten angeht. Hierzu müsste man sich
näher mit den Clans ins Serbien befassen.
Lesenswert
dazu (sorry, aus der westlichen Lügen-
und Rothschildpresse): "Light Touch, Tight Grip: China’s
Influence and the Corrosion of Serbian Democracy."
Aber
auch eine CNN Reportage dazu war nicht schlecht: "China'sclout is growing on the edge of the EU, and the US is worried."
Dimitrijević
erklärt
zu Beginn seiner Rede übrigens:
Es ist mir eine besondere Ehre und Freude, Sie zu grüßen und zu danken für die freundliche Einladung, an dieser Konferenz für eine Weltordnung des Friedens auf der Grundlage der Entwicklung der Nationen teilzunehmen, die vom Schiller-Institut vorbereitet wurde. Ich möchte meinen besonderen Dank aussprechen an Herrn Lyndon LaRouche und Frau Helga Zepp-LaRouche, die Gründerin und Präsidentin dieses berühmten Tempels der Weisheit….
Sehr
schöne Umschreibung: „Tempel
der Weisheit“ für das genannte Schiller Institut. In
einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus
dem Jahre 2007, Titel: Aktivitäten der Politsekte um die
Bürgerrechtsbewegung Solidarität und Schiller-Institut
in der Bundesrepublik Deutschland, heisst es:
Wer
sitzt denn noch so im BVDSI?
Ah:
Folker Hellmeyer. Von dem las ich ein Interview im „Rotfuchs“ der
„Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke“, wie es
auf der Website heisst. Dort trommelt er – wie auch bei anderen
Gelegenheiten - unter der Überschrift „Ohne Moskau und Peking
läßt sich kein Weltproblem lösen!“ wortgewaltig für den Kreml
und für Peking. Und siehe da: Herr Hellmeyer findet sich auch im
vierten Panel der Bad Sodener Konferenz wieder. Aber lassen wir es
Frau Zepp-LaRouche seinen Vortrag dort zusammenfassen:
Hellmeyer
sprach über „Die
Integrationsoptionen der Eurasischen Zoll- und Wirtschaftsunion und
der OBOR Initiative Chinas“ und sagte, die neuen Strukturen für
die Kooperation zwischen den Nationen, über die mehrere seiner
Vorredner gesprochen hatten, kämen als Ersatz für die alten,
versagenden Strukturen des Westens – wie die EU – in Betracht...“
Da
ist es wieder: Weg mit der EU (und auch dem atlantischen Bündnis),
weg mit dem humanistischen Geschwafel und ein lautes Hurra für die
uneigennützige
chinesische
Aufbauhilfe!
Die
können immerhin einen Flughafen bauen!
Entlarvend
übrigens ist auch dieser Satz in Hellmeyers Rede, den
er im Zusammenhang mit der Industriellen Revolution sagt:
Das Resultat hiervon ist, daß westliche Länder, insbesondere Großbritannien und danach natürlich Frankreich und später Deutschland und die Vereinigten Staaten, sehr viel Macht haben – nicht nur hinsichtlich ihrer Streitkräfte, sondern auch hinsichtlich ihrer Volkswirtschaften und insbesondere auch ihrer kulturellen Ansichten.
Ein
westlicher sozialisierter Leser wie ich sagt: Na und? Aber hier
findet man die alte Lyndon LaRouche Verschwörungsideologie wieder:
Die Sekte hasste und hasst das „Britische Empire“ (ach ja, wo ist
es eigentlich geblieben…). Das kommt durchgängig in allen (zum
Teil sehr gut gemachten) Publikationen der Sekte immer wieder als
Thema durch. Auf die Gründe gehe ich hier nicht ein.
Apropos
„Weg mit dem humanistischen Geschwafel“: Auf der Website des
BVDSI ist ein langer Text von Hellmeyer zu lesen. Titel: „Europas
humanistischer Ansatz ist mit Chinas Aufstieg vereinbar.“ Das
beruhigt mich! Dann muss ich mir also keine Sorgen mehr machen, fein!
Die
Rede von Helldorff, die er im Schiller Institut gehalten hat, wird
auf der Website des BVDSI sogar kostenlos zum Download angeboten!
Aber
leider funktioniert der Download nicht. Daher rasch eine Email an den
BVDSI – die umgehend als unzustellbar zurückkommt. Naja, wenn das
der energische Ruck gen Peking sein soll, dann sollten wir uns doch
lieber wieder dem perfiden Albion zuwenden. Da kann es auch nicht
schlimmer werden!
Auf
die anderen Mitglieder des BVDSI gehe ich hier auch nicht weiter ein.
Man könnte über einige noch etwas schildern. Heiner Heseler… 2014
sagte er über das chinesische Konfuzius Institut in Bremen (KIB), es
sei „ein wertvolles Standbein“ - wenn ich der taz vom 29.
September 2014 (S. 24) trauen kann. Damals war Heseler mit Parteibuch
der SPD Staatsrat in Bremen. Das Thema Konfuzius Institut – von
denen in anderen Ländern aus guten Gründen einige geschlossen
werden (u.a. wegen Spionage und massiver Einflussnahme auf die freie
Meinungsäusserung an Universitäten) und offenbar nur in Deutschland
neue eröffnet werden können! - will ich hier auch nicht weiter
behandeln.
Es
ist völlig nachvollziehbar, dass sich Wirtschaftsvertreter für ihre
Branche stark machen und auch versuchen, irgendwie mit Staaten ins
Geschäft zu kommen, in denen von Demokratie keine Rede sein kann.
Aber das entbindet nicht von der moralischen Verpflichtung, objektiv
und nüchtern zu analysieren. Die Art und Weise, mit der gewisse
Politiker und Parteien in Deutschland – und darüber hinaus –
sich China beugen, ist geradezu abenteuerlich! Und besonders
ausgewählte Firmen und Verbände sollten sich hier auch an ihre Nase
fassen. In der Financial Times vom 15. Oktober 2019 (S. 11) schrieb
Gideon Rachmann unter dem Titel „China spreads its web of
censorship“ den folgenden Satz – den ich anhand diverser
praktischer Beispiele nur bestätigen kann:
China‘s efforts to control and censor speech at home are gradually being internationalised, reaching into foreign corporations, the international media, the seminar rooms and campuses of western universities, and the statements and policies of foreign governments.
Noch
ein kleines Detail am Ende: Die BDO
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (BDO)
bewarb die Eröffnungsveranstaltung des BVDSI u.a. mit den drohenden
Worten:
China hat einen Plan. Dies gilt es innerhalb kürzester Zeit zu berücksichtigen, will Deutschland nicht innerhalb weniger Jahre nur noch die Rolle eines Zaungastes bei der Verteilung neuer Wertschöpfungspotentiale spielen.
BDO
International Limited – mit einer Büroadresse hier: 55
Baker Street, London, W1U 7EU
(laut
Google 7 min zu Fuß bis zu Sherlock Holmes) – hat derzeit, heute,
siebzehn
mit ihr verknüpfte Personen („officers“) aufzuweisen, u.a. den
1965 geborenen Zhu Jiandi, der als Direktor bei BDO fungiert.
Wer
ist das? 2011
wurde er in China (in
Shanghai)
mit dem Titel "Excellent Communist Party Member" geehrt.
Auf
dem Foto ist er links zu sehen (das Foto ist von People‘s Daily
Online).
Man
könnte noch einiges zu diesen Verbindungen sagen. Aber das würde
einen wesentlich längeren Text zur Folge haben. Und wer möchte noch
mehr Zeilen zum chinesischen United Front Department lesen, wie es
in Deutschland vorgeht, welche Organisationen es wie infiltriert –
und überhaupt: Was ist der Plan dahinter und was könnte diese
in Europa überaus aktive Organisation
mit OBOR zu tun haben? Wie
funktioniert das für solche Operationen verantwortliche Büro des
MSS und wie ist das dortige Führungspersonal politisch vernetzt? Wie
und wo setzen chinesische Geheimdienste Tarnorganisationen in
Deutschland ein, was sind ihre Schwerpunkte? Usw….
Nicht
umsonst sprach Michael Pompeo im Interview (21. Oktober 2019) mit
Wilfred Frost von CNBC über „the long arm of Beijing“.
Dass
China nicht nur einen langen Arm, sondern auch einen langen Atem hat,
ist Teil seiner speziellen Geheimdienststruktur. Die verantwortlichen
Abteilungen arbeiten wesentlich langfristiger orientiert als
beispielsweise pakistanische oder US-amerikanische Geheimdienste. Wie
es auf der BDO Website eben heisst: „China hat einen Plan!“
Und so hatte bereits auf
der Konferenz in Bad Soden 2003, in deren Kontext der eingangs
erwähnte Jeremiah Duggan ums Leben kam, ein Dr.
Bi
Jiyao zum
Thema „China's
Economic Development Prospects And New Measures in Opening Up“ referiert.
Seine Herkunft
wurde damals mit „Academy of Macro-Economic Research, State
Development Planning Commission, China“ angegeben.
Im Mai 2015 konnten die englischen Rechtsanwälte der Familie Duggan in England vor dem Coroner ́s Court ein Urteil erzwingen, dass ihnen bescheinigte, dass Jeremiah Duggan keinen Suizid begangen hat und die rechtsextreme Organisation während der Konferenz in Wiesbaden psychische Gewalt angewendet haben dürfte.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen