Montag, 21. Mai 2018

Mateusz Piskorski etc.



Über diese Berichterstattung kann ich nur müde lächeln: Was hier als tolle Story verkauft wird, ist jedem, der sich ernsthaft und nicht nur je nach politischem Windchen damit beschäftigt, in den meisten Details längst bekannt. Natürlich bedarf es einer gewissen Intensität und Tiefe, was die Recherchen dazu angeht, aber möglicherweise haben die dafür zuständigen Leute etwas verschlafen oder das Phänomen schlichtweg nicht begriffen. Oder aber im Rahmen der übliche politisch-administrativen Kungeleien wurde das notwendige Aufarbeiten dieser zweifelsohne wichtigen Entwicklungen über Jahre hinweg verhindert.

Die erwähnten „Wahlbeobachtungsmissionen“ sind seit vielen Jahren eine beliebte Methode Russlands, sich "einzubringen" und sich für ähnliche westliche Missionen zu rächen. Seit jeher findet man innerhalb der russisch initiierten Missionen Personen aus dem rechten Spektrum.

Die Berichte von T-Online und ähnlichen Qualitätsmedien lassen etliche Fragen unbeantwortet. Was hat es beispielsweise mit den angeblichen Bezügen Piskorskis zu China auf sich? Man könnte hier seine direkten Kontakte in China erwähnen, von denen zumindest einer als Rechtsextremist in polnischen Berichten bekannt ist. Auffällig ist auch die etwas unbeholfene Darstellung in den chinesischen Medien zum Fall Piskorski – eine eher nebensächliche Figur für die dortige Berichterstattung. Man könnte argwöhnen, dass etwas nachgeholfen wurde...

Es wird auch nicht weiter erläutert, welches Interesse der (und welcher genau überhaupt!?) chinesische Geheimdienst an rechtsextremistischen oder schlichtweg populistischen Strömungen in Europa haben könnte? Aber das würde ebenfalls sowohl investigativen Tiefgang als auch eine genaue Vorstellung des chinesischen außenpolitischen Konzepts voraussetzen. Hier kann man mittlerweile auf einige Erfahrung in bestimmten Ländern zurückgreifen. Die Einflussnahme Chinas auf ost- und mitteleuropäische Länder folgt einem ganz genauen Plan und wird von sehr gründlich ausgewählten oder dafür überhaupt erst geschaffenen Institutionen flankiert. Die chinesische Taktik unterscheidet sich hier von der russischen in einigen Punkten – aber in welches Konzept würde Piskorski passen? Und wie intensiv ist diese Einflussnahme bereits in Deutschland angekommen?

Seltsam: Der Iran wird nicht erwähnt? Er hat doch ein paar sehr interessante Freunde mit gewissen Verbindungen dort und wenn ich mich nichts ganz täusche, war Piskorski mindestens 2014 auch im Iran. Auch hier wird viel geplappert im deutschen Blätterwald, ohne überhaupt die Hintergründe dieser Kooperation zu verstehen. Was will ein Pole im Iran? Welche Politik will er dort betreiben und warum sollte das von Nutzen für den Iran sein? Ein interessanter Aufsatz von Stephan Grigat trägt den Titel: Antisemitism of theAyatollahs: Holocaust Denial and Hatred of Israel in Khamenei’s andRouhani’s Iran.

Ganz unwichtig wird Piskorski nicht für den Iran gewesen sein: Am 28. September 2014 gehörte er zu den ausgewählten wenigen Gästen, die im Außenministerium in Teheran an einem Panel teilnehmen durften, gemeinsam mit dem auch gerne im Zusammenhang genannten Manuel Ochsenreiter. Überhaupt scheinen die beiden unzertrennlich zu sein. Neben anderen Personen referieren später jeweils beide über die israelische Lobby in Polen bzw. Deutschland vor. Vermutlich gut, dass sie den Slot ab 13:45 Uhr, also nach dem Mittagessen bekommen hatten, denn da werden viele Zuhörer im Publikum ein Schläfchen gehalten haben. Aber auch zum Great Game treten beide auf:


Man könnte noch über so vieles nachdenken. T-Online schreibt u.a. „Stellvertretender Vorsitzender des Zentrums ist seit seiner Gründung im April 2016 der derzeit in Polen inhaftierte Ex-Abgeordnete und Querfront-Aktivist Mateusz Piskorksi. Das belegen Registerunterlagen des Vereins, die t-online.de vorliegen.“  Warum wird hier eigentlich so geheimnisvoll von „vorliegenden Unterlagen“ geraunt? Ein Blick ins öffentliche Handelsregister ist kein weiteres Problem. Dort, aber auch an anderen Orten findet man auch die höchst repräsentative Anschrift dieses Think Tanks. 

Interessant wäre auch ein Blick auf die diversen Anfragen und Petitionen zur Freilassung von Piskorski, u.a. von Udo Voigt - siehe auch die aufschlussreiche Antwort auf seine Anfrage - oder Campact. Es ist und bleibt alles politisches Spiel.

Im Jahre 2012 war Piskorski noch im gemütlichen Spandau zu Gast bei den Linken:



Schade, dass einer nicht mehr zu Piskorski berichten kann, den ich als interessanten Dozenten und freundlichen Menschen in Erinnerung habe und der seit dem 1. Mai 2018 nun auch das ewige Arbeiterparadies bewandert: