An der Süddeutschen Zeitung gefällt mir, dass sie weiterhin kritische Fragen zum Datenschutz stellt und auch aktuelle Verfahren, die dazu laufen, nicht unter den Redaktionstisch fallen lässt. Vielleicht ist das Einzelpersonen in der Zeitung zu verdanken, die sich dafür stark machen. Da kann man nur hoffe, dass diese der SZ noch lange erhalten bleiben...
In der Ausgabe vom 23./24.10.2010 konnte man gleich zu drei doch sehr ähnlichen Themen etwas dazu lesen: „Der Ahnungslose“ (S. 26): Es geht um den früheren Telekomchef Kai-Uwe Riecke, der sich an nichts mehr richtig erinnern kann, was 2005 im Rahmen der Bespitzelung bestimmter Personen so alles von der Konzernsicherheit und Externen unternommen wurde. Dann: „Bahn hortet noch zu viel“ (S. 27). Da geht’s um die Datenberge, die sich weiterhin bei der Deutschen Bahn in ihren sogenannten Quarantäneräumen türmen und die nun unter Aufsicht des Berliner Datenschutzbeauftragten Dix und KPMG beseitigt werden sollen. Und schließlich „HSH: Detektei hat Treffen ausgespäht“ (S. 33). Da geht’s um die Aktivitäten der Prevent AG in Hamburg und ihren Auftraggeber, der HSH Bank.
Bei allen drei Artikeln wird mein Gesicht gerade noch von einem müden, leicht spöttischen Grienen verzerrt: Der Ahnunglose...* lach * ja und? Immerhin gibt er seine vermeintliche Ahnungslosigkeit zu. Ich durfte (und da werde ich keine Ausnahme darstellen) erleben, dass dieser Konzern auf mehrere ganz konkrete Nachfragen sich systematisch in Schweigen hüllt und solche Fragen einfach aussitzt. Ich bin eben nicht der Staatsanwalt. Im Rahmen meiner Dissertation hatte ich u.a. zum Einsatz von Überwachungstechnologien recherchiert, die von einer Firma aus Silicon Valley entwickelt worden sind und die u.a. von der NSA zur Überwachung von Kommunikationsverbindungen eingesetzt werden. T-Online (zum Geschäftsbereich der Deutschen Telekom gehörend) setzt so etwas ebenfalls ein. Das ist keine Anklage von mir, lediglich eine Feststellung. Aber bei solchen Themen werden diese Firmen, die mich sonst mit ihrer Werbung nerven, schweigsam.
Dann die Geschichte mit Dix und KPMG: Gut, vielleicht ist es übertrieben, KPMG als den Beelzebub zu bezeichnen, aber warum zum Teufel soll hier eigentlich eine Firma (die nennen sich anders, ich weiß) zum Einsatz kommen, die ansonsten prächtig u.a. an genau der Branche verdient, die für solche Datensammlungen, Analysen, Scans, Abgleiche usw. verantwortlich ist? Und die z.B. Firmen, die so etwas machen, die Unbedenklichkeit in Sachen Datenschutz zertifiziert (Stichwort Worldcheck). Klar ist, dass Firmen wie KPMG, McKinsey usw. politisch gut vernetzt sind, aber dass das gleich soweit geht, empfinde ich irgendwie als geschmacklos! Man hätte auch andere ins Boot holen können, und das meine ich ernst: Z.B. den Chaos Computer Club oder unabhängige Datenschutzvereinigungen.
Und zuletzt: Prevent AG und die HSH Bank. In diesem und anderen Artikeln wird kritisiert, dass Prevent angeblich eine politische Veranstaltung von Kritikern besucht hätte. Ich frage mich ernsthaft, was gerade daran so schlimm sein soll? Kennt jemand den Begriff des Parteiagenten? In meiner Dissertation (hatte ich schon erwähnt, dass ich eine solche geschrieben habe??) gehe ich näher darauf ein: Beauftragte einer Partei besuchen die Veranstaltung der konkurrierenden Partei. Das ist ein völlig normaler Vorgang, wird aber von den Parteien sehr diskret gehandhabt. Werden sie darauf angesprochen, können sie sehr pikiert reagieren. Da werden auch Filmaufnahmen gemacht, um später rhetorische und inhaltliche Fragen zu besprechen. Und insofern ist es doch völlig klar – und jede Organisation muss damit rechnen! -, dass ihr Gegner sie bei passender Gelegenheit aufsuchen wird. Nicht in Ordnung ist es natürlich, wenn dann den Gegnern eine Wanze in die Nachttischlampe geschraubt wird.
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