Sonntag, 30. Januar 2011

SASAC, Wang Yong, Berlin und diese ganze Ödnis

Es ist ja alles nur ein Stochern im Nebel... aber dennoch... SASAC (siehe hier: http://www.sasac.gov.cn/n1180/index.html) benennt verschiedene Personen unter „Chairman & Vice Chairman“. An erster Stelle steht Wang Yong. Hm... Auf der SASAC Website steht zu seinen zahlreichen ehrenvollen (ehemaligen und derzeitigen) Funktionen und Aufgaben: „Director-General of the Fifth Bureau for Top Executives of Enterprises of the Organization Department of the Central Committee of CPC.”  Die Datenbank spuckt aus:


Das fünfte Büro, aha… Herr Alexander Eisvogel sprach ja kürzlich von den Chinesen und Renault. Er wird sicherlich wissen, was sich hinter diesem Büro verbirgt und bestimmt können seine Getreuen ad hoc die Querverbindungen zu anderen relevanten Büros aufzeigen * lach *

Wie dem auch sei: Die Rolle von SASAC wird möglicherweise weiterhin unterschätzt. Die dortige SOE-Liste umfasst derzeit 150 Einträge. Zu finden sind allerhand interessante Namen. Ebenso spannend die organisatorische Struktur von SASAC, u.a. das Bureau of Foreign Affairs. Der kleine, aber feine (und teure) Nachrichtendienst aus Paris sieht bei SASAC die wahren Drahtzieher bezüglich Renault. Das wird noch ausführlich zu beweisen sein, aber die  zerknirschten Gesichter der drei bisher genannten Franzosen sprechen Bände. Gut, morgens sehe ich auch so zerschlagen aus, aber das hat andere Gründe.

Es ist und bleibt eben schwierig, die hundertfach verwobenen chinesischen Strukturen zu entwirren und dabei einen Überblick zu bewahren. Das zeigt sich nicht nur in China selbst, sondern auch hier in Europa und in Deutschland. In Berlin gibt es z.B. die Europa-Niederlassung einer theoretisch sehr machtvollen chinesischen Organisation, aber diese ist kaum auf herkömmliche Art und Weise zu finden bzw. verzichtet auf weitere Präsenz. Es existiert keine Website, gerade mal eine Tel.- und Faxnummer, keine öffentliche Email. Im übrigen ist auch das Verwenden der SASAC-Email mit Abenteuern verbunden. Allein nach der Bedeutung dieser Organisation in Berlin müsste es völlig anders aussehen. Und dann kommt die von mir oft beschworene chinesische Diaspora hinzu, die auch höchst indifferent erscheinen kann.... „Tribes still matter“, wie der Economist ganz richtig schreibt.

Leider habe ich von Zeit zu Zeit den Eindruck, dass die hiesigen Horch & Guck-Behörden das alles nicht so recht erkennen oder vor lauter Terrorgefahr dafür kein Auge haben (können). Ich empfehle diesen Leuten mal einen Blick in (Achtung! Herausforderung: englischer Text! * lach *) eine neue Publikation von SIPRI zu werfen, statt immer nur die gleiche langweilige BND-Abschreibe (Wikipedia, angereichert mit ein wenig Berliner Morgenpost, FAZ, LexisNexis-Käse und öden Botschaftsdepeschen) durchzublättern: „New Foreign Policy Actors in China.“ Da wird klar angesprochen, wie sehr die chinesischen Geheimdienste zunehmend Außenpolitik machen.

Offenbar scheinen andere besser zu wissen, wie man welche Personen wo anspricht – oder gar anwirbt. Die spannende chinesische oder nordkoreanische Quelle trifft man nun einmal nicht dort, wo man sie vermutet. Dafür werden Leute angeworben und speziell ausgebildet – völlig egal, welcher Staatsangehörigkeit. Ich hatte es bereits im Zusammenhang mit SDU hier im Blog angesprochen, aber es will ja keiner auf mich hören... * lach * US-Geheimdienste sehen das pragmatisch – auch wenn ihre Stellenausschreibungen stets die US-Staatsangehörigkeit voraussetzen. Ich zitiere mal ohne weiteren Kommentar aus einem Dokument, in dem es um die entsprechende Schulung von Nicht-Amerikanern geht. Da steht u.a.:

For foreign military students or, where applicable, civilian students assigned from a foreign country’s Ministry of Defense, or equivalent, or from selected international organizations approved for such training by the Under Secretary of Defense for Intelligence (USD(I)) in accordance with the procedures covered by the Director, Defense Security Cooperation Agency (DSCA) in accordance with DoD 5105.38-M, “Security Assistance Management Manual” (Reference (k))

blabla

In a foreign country by a U.S. Mobile Training Team or liaison element blabla  Non-U.S. persons receive I&CI training only when it supports U.S. national security objectives

Blabla

Preparing non-U.S. persons to cope with threats to their respective country, to include counterdrug activities as authorized under current U.S. counternarcotics legislative authority…”

Was das bedeutet, ist ganz klar. Aber ich bin von den Chinesen abgekommen... Darauf einen guten grünen Tee.



Narus in Ägypten und Deutschland

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben...Ich komme offensichtlich zu spät, denn meine Dissertation zum Thema "Private Geheimdienste" liegt noch beim Verlag und erscheint erst in ein paar Wochen. Ich behandele dort als ein Fallbeispiel die Firma Narus - was lustigerweise ein altmarxistischer Professor am OSI in Berlin mir gegenüber als "Unthema" und "überflüssige Scheisse" bezeichnet hatte. Im Rahmen meiner Recherchen habe ich lustige Sachen erlebt, u.a. massiven Druck seitens der dortigen Geschäftsführung, doch bitte freundlicherweise meine Arbeit vorab Narus zukommen zu lassen. Absurd. Witzig waren auch die Versuche bestimmter israelischer Stellen, die Recherche irgendwie ins Leere laufen zu lassen - Narus hat einen israelischen Hintergrund...

Timothy Karr hat zu Narus einen netten Artikel geschrieben. Dabei geht es um die Rolle von Narus bei der Überwachung der ägyptischen Aufständigen, was gerade jetzt aktuell ist:

http://www.huffingtonpost.com/timothy-karr/one-us-corporations-role-_b_815281.html

Zu Narus steht da u.a.: "The companies that profit from sales of this technology need to be held to a higher standard. One in particular is an American firm, Narus of Sunnyvale, Calif., which has sold Telecom Egypt "real-time traffic intelligence" equipment..."


Übrigens wird oder wurde die Technologie von Narus auch von der der deutschen Firma T-Online eingesetzt. Auf meine mehrfachen Anfragen hat T-Online so reagiert, wie es sich für einen muffigen, ehemaligen Beamtenkonzern gehört: Ignorieren und aussitzen. Weil mich das aber ärgert, habe ich diesen Fall nun in meiner Dissertation verewigt.

Überhaupt stellen sich deutsche Firmen, die womöglich Überwachungstechnologie an Diktaturen geliefert haben oder immer noch liefern, stur. Das ist dumm, denn früher oder später kommt das raus.Ich habe meine Recherchen dazu noch nicht beendet, aber deutsche Technik kommt oder kam auch in Nordkorea zum Einsatz. Dazu später.

Stanley Ho

In Zeiten gehobener TV-Dokumentation, ausführlicher Nachrichten und werbefreier politischer Diskussionsrunden (Achtung: Ironie) zeigt man natürlich kaum Interesse an profanen Dingen wie: Reichtum, Polygamie, Intrigen usw.

In diesem Stil wollte ich eigentlich fortfahren, aber permanente Ironie überfordert meine intellektuellen Kapazitäten und daher komme ich gleich in gewohnter Deutlichkeit zum Thema: Die derzeitigen Geschehnisse um Stanley Ho, seiner weitverzeigten Familie sowie das Thema Casinos in Macau lassen mich und andere aufhorchen. In der SZ vom 27.01.2011 war ein Artikel dazu unter dem Titel „Ein König gibt auf“ zu lesen (S. 18). Und am 28.01.2011 konnte man bei Spiegel Online unter dem Titel „Asiens Casino-König schlägt seine letzte Schlacht“ ähnliche Schilderungen zu Stanley Ho lesen.

Zunächst für Neueinsteiger: http://en.wikipedia.org/wiki/Stanley_Ho

Erstaunlich finde ich bei beiden Artikeln die mangelnde Tiefe in der Berichterstattung und das Rumgekratze an der bekannten Oberfläche von Stanley Ho. In der SZ wird kein einziges Wort zu seinen vermuteten Kontakten zur OK, den Triaden und zu Nordkorea verloren. Spiegel Online schreibt wenigstens diesen einen Satz: „Er soll gute Beziehungen zu den Machthabern in Peking haben.“ Und weiter unten: „Er soll gute Beziehungen zu Diktator Kim Jong Il pflegen blabla Amerikanische Justizbehörden blabla er habe Kontakte zur OK blabla beweisen konnten die Ermittler ihren Verdacht nie.“ Insgesamt also fünf kurze Sätze dazu.

Eigentlich darf man den Autoren nicht böse sein, denn es ist vermutlich nicht so spannend für die Leserschaft der SZ oder von Spiegel Online, sich damit auseinander zu setzen. Für die Leute, die es aber interessiert, ist es unerquicklich.

Stanley Ho... Ich finde es natürlich auch bewundernswert, so viele Frauen zeitgleich haben und diesen Spass auch finanzieren zu können. Und sicher muss man einen gewissen furchterregenden Ruf haben, wenn man (wie bereits am 14.08.2006 geschehen) unter dem Arbeitstitel „China’s Proliferation To North Korea And Iran, And Its Role In Addressing The Nuclear And Missile Situations In Both Nations” in einem „Hearing Before The U.S.-China Economic And Security Review Commission, One Hundred Ninth Congress  (Second Session)” thematisiert wird. Dort sagt Dr. Asher (Institute for Defense Analyses in Alexandria) u.a. folgendes:

“Of course, Macau is infamously associated with gangsters and money laundering, et cetera, and the largest casino operator in Macau is a man named Stanley Ho, who has been a partner of Kim Jong Il in a casino in Pyongyang, North Korea. What this man's relationship is to the casino industry right now in North Korea--I don't know that there is much of one. I'm not sure. I think he pulled out for some reason. I think the Chinese authorities actually put some pressure on him to pull out. But there's been a lot of rumors for years about his relationship with North Korea's presence in Macau. I can't really comment on that. I don't know the facts, but just in terms of leverage, his daughter, Pansy Ho, is trying to enter a partnership with MGM to build a huge casino. Actually the casino is being built right now. The licensing of that casino is something that can be used as leverage to apply, to encourage that the Macau authorities uphold much higher standards….”

Man möge einmal hier vorbei schauen: Suite C, 7th Floor, World Trade Centre 918, Avenida da Amizade, Macau, und sich nach Stanley und Pansy und dem ganzen Clan erkundigen * lach * Dort sitzen nämlich welche, die sich da ganz gut auskennen. Eine kleine, aber feine Firma, die sich u.a. auf Machenschaften im Dunstkreis von Casinos spezialisiert hat. Ich unterstelle weiterhin, dass sich keiner der Autoren der beiden o.g. Artikel sich einmal den ausführlichen, 74seitigen  „Special Report“ einer bestimmten US-Behörde zu Gemüte geführt haben wird. Da geht es u.a. konkret um die Verwicklungen mit den Triaden in Macau. An erster Stelle sind demnach wohl 14Kund Sun Yee On zu nennen. In dem Bericht wird auch explizit eine Person der Triaden genannt, über welche Kontakte nach Nordkorea laufen sollen.

Und in einem anderen lesenswerten, kanadischen Bericht aus dem Jahre 2003 wird geschrieben: „The Kung Lok triad was founded in Toronto by Lau Wing Kui and has approximately 450 members in Canada as well as a number of connections in the United States. According to a March 2000 article in the Manila Standard, the […] has identified Stanley Ho, a Macau gambling tycoon active in Canada and linked to several illegal activities, as having links to Kung Lok.“

Wie unwichtig das alles aber angesichts der großen Politik wird, kann man hier lesen: „On April 14, 2009, Mr. Dominque Bussereau, the French Minister for Transport, conferred to Ms. Pansy Ho the honor of Chevalier de l’Ordre National du Merite for her contributions in facilitating French-Sino trade and cultural exchanges. Ms. Ho is currently the Chairperson of the French Macao Business Association in promotion of commercial collaborations, and was actively involved in the “Year of France in China” celebrations in Macau. She is also known as a devotee of French arts and traditions.”

Und natürlich kann man sich die ganz gerührt aus der Wäsche schauenden Beteiligten auch ansehen, wenn man möchte: http://consulfrance-hongkong.org/france_hongkong/spip.php?article2964

So geht das eben: Während sich bei den lieben befreundeten Geheimdienste die Dossiers stapeln, trinkt man anderswo Schampus und verleiht sich Orden. Das Geschäft geht vor. Ich könnte noch weitere Details aufzählen und aus spannenden Untersuchungen zitieren, die sich u.a. mit den Verwicklungen der Triaden und den chinesischen Geheimdiensten befassen, aber ich verweise lieber erneut auf einen kleinen, netten, derzeit im Lektorat befindlichen  Text, den ich gemeinsam mit Jens Rosenke verfasst habe. Wir beschäftigen uns dort mit der militärischen und geheimdienstlichen Kooperation Chinas und Nordkoreas (Stand: Sommer 2010) und dort wird Stanley Ho auch seine Erwähnung finden.