Sonntag, 26. Dezember 2010

Quellenführung in islamistischen Organisationen

Ich blättere mit Interesse in einer Publikation aus dem Jahre 2005. Sie stammt aus dem Umfeld FBI und ähnlichen Behörden und ist als "For Official Use Only/ Law Enforcement Sensitive" eingestuft. Die Autoren sind - nach Angaben der Publikation - Psychologen. Es geht um die psychologischen Rahmenbedingungen, unter denen die Gewinnung und Führung von Quellen innerhalb islamistischer Terrororganisationen zu betrachten und vor allem zu gestalten ist. Da ich auch hier voll und ganz den deutschen Sicherheitsbehörden vertraue, gehe ich davon aus, dass diese Publikation bereits seit 2005 ausgiebig hierzulande besprochen und unter heimischen Kriterien verarbeitet worden ist. * lach *


Speziell für den islamistischen Bereich sind sicherlich die Einschätzungen zur Zugänglichkeit einer Zielperson von Interesse. Allerdings greifen hier einige Argumente meiner Meinung nach zu kurz, so z. B. die Betonung der Verschwörungstheorien im Mittleren Osten, d.h. hier die besondere Anfälligkeit von Personen aus diesem Kulturkreis. Das ist sicherlich nicht so pauschal zu betrachten, wie es die Autoren tun. Nach meiner eigenen Erfahrung ist hier zunächst die Bildung der Zielpersonen vorranging zu betrachten, bevor man die oben genannten Verhaltensmuster als zuverlässige Basis für den weiteren Umgang mit der potentiellen Quelle heranzieht.

Wesentlich spannender finde ich die zahlreichen Parallelen, die sich zur klassischen Spionageabwehr bzw. Gegenoperation finden: Die Einschätzung der Zielperson hinsichtlich ihrer familiären, ethnischen und sozialen Bindungen  an das Land, das sie künftig - als Quelle - verraten soll. Überhaupt: Der Umgang mit dem Begriff "Verrat" ist höchst komplex und von drögen Behördenvertretern sicher nicht zu leisten. In der genannten Publikation wird der Wert des Begriffes "Frieden" hervorgehoben, d.h. also: Du bist meine Quelle in der bösen Moschee und dein Verrat verhilft dem Weltfrieden zum Durchbruch. Lustig: Mit exakt den gleichen Argumenten hatten schon jeweils der Osten und der Westen versucht, die Leute für sich zu gewinnen.

Insgesamt also eine lesenswerte Publikation.

Samstag, 25. Dezember 2010

Chinas 5. Kolonne?

Ich frage mich, ob die deutsche Spionageabwehr in solchen Kategorien denken mag... Zumindest war ich - als bekennender Paranoiker - sofort misstrauisch, als ich von einer Person chinesischer Herkunft erfuhr (ihren Namen verbreite ich hier nicht), die im Sicherheitscenter eines internationalen Konsortiums von Netzbetreibern arbeitet. Das Stichwort hier lautet: Kritische Infrastrukturen. In diesem Sicherheitscenter wird die Belastung durch Energieströme beobachtet. Das bedeutet also, dass an entscheidender Position eine Person aus einem Land arbeitet, dessen Interesse an diesen Infrastrukturen in den letzten Jahren einen festen Platz in der sicherheitspolitischen Agenda erhalten hat. Das Wissen um solche technischen Strukturen erleichtert auch den etwaigen Zugang über Schnittstellen zum Internet.

Ich habe gerade keine Lust, die diversen Attacken auf solche Strukturen aufzuzählen, die man den Chinesen in die Schuhe schiebt. Dazu müsste man auch noch die besondere Rolle der chinesischen Community im Ausland darstellen. Das alles würde mich jetzt vom Weihnachtsbraten abhalten. Apropos Weihnachtsbraten: Es gibt ja so bestimmte chinesische Restaurants, wo man nicht nur gut essen kann. Und ich warte auch mit Spannung auf die Eröffnung eines Restaurants einer nordkoreanischen Fastfood-Kette in Berlin... Obwohl: Die Nordkoreaner dürften derzeit Probleme mit zuverlässigem Personal haben. Zumindest hört man davon aus Thailand * munkel *

Ausserdem vertraue ich der deutschen Spionageabwehr, die sicherlich genügend Experten besitzt, die China, seine Sprache und Kultur sowie die einschlägige internationale Fachliteratur rauf und runter kennen! Und ich gehe davon aus, dass diese Experten auch über die notwendigen Kontakte verfügen und diese ohne die dienstrechtliche Einflussnahme von lebensfernen Bürokraten kultivieren können * lach *

Und im übrigen soll es ja auch ganz harmlose Chinesen geben!

Wie lernfähig sind wir?

Unter diesem Titel las ich einen Text in der Umweltzeitung "Der Rabe Ralf" (Dezember 2010/Januar 2011, S. 26 f.). Das ist eine Zeitung, die mittlerweile einige andere Zeitungen dieser Art überlebt hat und die ich immer gerne lese, um diverse Infos zu Aktivismus, Genpolitik, Atomkraft usw. zu erhalten. In dem genannten Text von Davide Brocchi geht es u.a. um die Kunst der Verdrängung von offensichtlich sich anbahnenden Katastrophen. Bspw. wird der Zeitraum kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges beschrieben. William L. Shirer wird vom 10.08.1939 zitiert und dieser zitiert wiederum das Berliner Bildungsblatt B.Z., das unter dem Titel "Polen? Achtung" folgendes schreibt: "Antwort an Polen, den Amokläufer gegen Frieden und Recht in Europa...." Man kann also festhalten, dass bei einigen Dingen Zuverlässigkeit und Kontinuität herrscht. Die B.Z. zumindest hat sich ihr Niveau offenbar über diese unruhigen Zeiten hinweg bewahren können.

Wichtiger als die B.Z. sind aber die Vorstellungen von einem kollektiven Gedächtnis, was man mit dem Begriff der Kultur einer Gesellschaft in Zusammenhang bringen muss. Da scheint man wieder bei Habermas und seiner Vorstellung einer "sozialen Evolution" zu landen. Wie stabil sind diesbezüglich Informationsgesellschaften und was macht ihre Stärke aus? Ist die Lernfähigkeit von Gesellschaften höher geworden? Ausgaben für Rüstung und Aggressionen sind enorm hoch, obwohl man angesichts mehrerer Katastrophen eigentlich vom Gegenteil ausgehen sollte. Ebenso wiederholen sich bestimmte ökonomische Entwicklungen: Der Zugang zu Ressourcen steht wieder ganz oben auf der Agenda, offen oder versteckt. Der Wettlauf um diese Ressourcen hatte bereits bei beiden Weltkriegen eine Rolle gespielt, aber offenbar hat man dies wieder vergessen. Im Gegenteil: Flankiert wird dieser Run auf wichtige Ressourcen mit einer erneuten Betonung der Goldreserven. 

Was das alles sicherheitspolitisch bedeutet, könnte ich hier überhaupt nicht zusammenhängend darstellen - so komplex ist die Situation. Als Fachidiot sehe ich in erster Linie kombinierte Aktivitäten von Geheimdiensten und der Privatwirtschaft. Also z.B. das Engagement der Volksrepublik China in Afrika. Das ist ein Thema, was noch auf seine Analyse wartet.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Einfach mal den Fachmann fragen

In der heutigen Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung (11./12.12.2010) wird auf S. 23 mal wieder über Wikileaks nachgedacht. Leyendecker, den ich sehr schätze, schreibt da u.a. über bei großen Redaktionen angestellte Rechercheure, die "jenseits von Google Interessantes aus dem Netz fischen." Im Fall des hier gemeinten Artikels "Die Systemfrage" haben diese Rechercheure - um deren Job ich sie beneide, das muss ich zugeben - allerdings weder diesseits noch jenseits von Google recherchiert. Sonst hätten sie nicht von SIMSI, sondern natürlich von SISMI geschrieben: Servizio per le Informazioni e la Sicurezza Militare. Das und nichts anderes ist der italienische Militärgeheimdienst. Übrigens eine interessante Struktur, wenn man sich für Eskapaden im Geheimdienstmilieu interessiert. Aber was solls. Ansonsten ist das ein sehr lesenswerter Artikel.

In der gleichen Ausgabe ist übrigens auch ein Interview mit Viktor Wekselberg auf S. 27. Es geht wahrscheinlich am Interesse der durchschnittlichen SZ-Leser vorbei, aber mich hätte vielmehr das Stichwort "KGB" und ehemalige Geheimdienstler in den Diensten von Wekselberg interessiert.

Civil Disturbance

Es ist irgendwie lustig und erkenntnisreich, die verschiedenen Anleitungen sowohl zur Aufstandsbekämpfung als auch zum Widerstand gegen fremde Besatzer zu lesen und zu vergleichen. Insgesamt kann man festhalten: Es gibt keine oder nur kaum qualitative Unterschiede - lernen kann man aus beiden Kategorien, je nach Geschmack.

Ich blättere derzeit in einem U.S. Army FM herum (3-19.15), Titel: "Civil Disturbance Operations". Stammt aus dem Jahre 2005. Am spaßigsten finde ich eine Einschätzung, die ich als Beleg für das unverdrossene Sendungsbewusstsein der USA interpretiere: "Today, United States (US) forces are deployed on peacekeeping, peace enforcement, and humanitarian assistance operations worldwide. During these operations, US forces are often faced with unruly and violent crowds intent on disrupting peace and the ability of US forces to maintain peace." Logisch: Alle Personen, die sich gegen eine Besatzung durch die USA zur Wehr setzen, sind böse.

In anderen historischen Kontexten wird das auch anders gesehen: "Was ist also zu tun, wenn der Feind im Lande ist? Was ist zu tun angesichts der Gewissheit, dass Not und Tod jede Mitbürgerin und jeden Mitbürger bedrohen, ungeachtet dessen, ob sie sich passiv oder aktiv verhalten wollen? Wir meinen, dass es besser ist, sich bis zum äussersten zu wehren! Wir meinen, dass jede [...] und jeder [...] Widerstand leisten muss! Wir meinen, dass der Feind im eroberten Gebiet sich keine Minute ruhig fühlen darf. Dass wir ihm schaden, ihn bekämpfen müssen, wo und wie sich dazu Gelegenheit bietet!" Das ist aus einem Buch, dessen Titel  und Autor ich hier nicht nennen möchte, denn es ist in Deutschland - soweit  ich informiert bin - weiterhin verboten. Mir ist die Rechtslage nicht ganz klar und daher lass ich es lieber ganz bleiben. Jedenfalls: In dem Buch geht es um die Besatzung durch den Ostblock.

Die Welt ist halt schlecht und verlogen. Man ändert die Sichtweise, den Standpunkt und schon ist der ehemals Gute zum Bösen geworden oder umgekehrt. Das ganze Gequatsche, was von Freiheitskampf usw. fabuliert, ist rein politisch. Der Mensch, um den es eigentlich gehen sollte, steht da völlig im Hintergrund. Im übrigen kann man den gleichen Quark in islamistisch oder neonazistisch orientierten Handbüchern lesen.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Kritische Infrastrukturen

Eine Liste derartiger Infrastrukturen befindet sich in den von Wikileaks veröffentlichten Dokumenten. Ich denke, dass die dort genannten Firmen, Bauten, Konstruktionen - eben Infrastrukturen viel intensiver hinsichtlich ihrer Kooperation mit den USA betrachtet werden können. Zumindest sofern das von Interesse sein sollte. Das heisst, dass einzelne der dort genannten Firmen nur und ausschliesslich für US-Interessen relevant sind, weniger aber für die Partnerstaaten, wo sie sich befinden. So wird - falsch geschrieben - genannt: "Germany: Critical to gas detection capability Junghans Fienwerktechnik Schramberg." Also Junghans Feinwerktechnik. Dazu fiel mir auf, dass die "JUNGHANS FEINWERKTECHNIK GMBH" in der folgenden Liste geführt wird: "Agencies Holding Contracts Worth More than $25,000 with the Department of Defense,FY 2008". Da gibt es noch hunderte weiterer, auch deutscher Firmen. Also: Ich finde das spannend!

Wikileaks Mirrors

http://wikileaks.ch/mirrors.html

Freitag, 3. Dezember 2010

Wikileaks usw.

Ich möchte in aller Bescheidenheit auf mein Posting verweisen, in dem ich diese langweilige Laberrunde bei Anne Will zu Wikileaks thematisiert hatte. In diesem Zusammenhang hatte ich auf den - im Zusammenhang mit dem vermeintlichen FDP-Spitzel -  Begriff des Parteiagenten verwiesen. Und endlich haben es nun auch andere hochwichtige Medien wie Focus und Co. geschafft, diese unglaubliche Erkenntnis in ihre Berichterstattung aufzunehmen. Ich schreibe das den aufmerksamen Blog-Agenten zu, die regelmäßig bestimmte Blogs durchsuchen - so wie ich es natürlich auch praktiziere. Und der damalige Artikel in der taz hat es wirklich verdient, besondere Erwähnung zu finden. Siehe also hier: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/im-visier-des-gegners/

Und was Julian Assange und Interpol angeht: Wer tatsächlich glaubt, dass Interpol nach ihm ausschliesslich wegen der hinlänglich bekannten (und ernsten) Vergewaltigungsvorwürfe fahndet, der ist einfach naiv. Wieviele Vergewaltigungen werden tagtäglich amtlich bekannt? Und wieviele Täter werden überführt, aber können nicht verhaftet werden, z. B. weil sie im Ausland abgetaucht oder einfach "verschwunden" sind? Und: Wer von diesem Personenkreis landet auf der Fahndungsliste von Interpol? Diese Frage mag sich jeder mal durch den Kopf gehen lassen, um zu erkennen, warum diese Aufwand nun tatsächlich betrieben wird. Es ist doch offensichtlich und geradezu verständlich, dass sich mächtige Organisationen gegen solche Veröffentlichungen zur Wehr setzen. Ich persönlich hoffe, dass zumindest dieser Versuch nicht gelingen wird und weiterhin viele interessante Dokumente auf Wikileaks gepostet werden. Darüber hinaus ist es beruhigend zu wissen, dass es alle möglichen weiteren Server gibt, auf denen solche Dokumente liegen und von denen Anne Will und ihre Laber, pardon: Talk-Freunde ohnehin keine Ahnung haben.