Freitag, 22. Oktober 2010

Der kirgisische Geheimdienst

... hatte sich vor ein paar Monaten beschwert, daß in seinem Land böse Menschen unerlaubt lauschen und wühlen, neben Russland natürlich auch die USA. Angeblich sollen ausländische Geheimdienste auch Politiker des Lande geschmiert haben. Nun gut, das ist das Spiel und es hat auch niemanden weiter gestört, dass sich die Kirgisen beschweren. In früheren Zeiten gab es einige Treffen mit US-Offiziellen, das lässt sich auch schön anhand der afghanischen Kriegstagebücher, über deren Veröffentlichung sich das Pentagon immer noch so aufregt, nachvollziehen. Damals ging es um benötigte Flugbasen. Aber was solls, die damaligen Gesprächspartner aus Kirgisistan sitzen heute ohnehin teilweise hinter Gittern.

Jetzt aber beginnt in diesem Land eine neue Zeitrechnung bzw. Ordnung: Es wird aufgeräumt! Zum einen sind über 50 höhergestellte Mitarbeiter des Geheimdienstes rausgeworfen worden – wegen Diskreditierung übergeordneter Stellen (das kommt in den besten Familien vor) und natürlich Inkompetenz (so etwas wird dann häufig hinterhergeschoben: 1. ärgert man sich über Kritik und 2. stellt man nachträglich vorsichtshalber die Inkompetenz fest – ein unschlagbares Argument für die Entfernung missliebiger Mitarbeiter). Dazu kommen noch andere Maßnahmen, die u.a. die Reorganisation und Integration militärischer Spezialeinheiten umfassen. Einzelne Aufgaben von nunmehr aufgelösten Bereichen werden nun von der neunten Abteilung des GSNB (so nennt sich die dortige Firma, abgekürzt) übernommen. Dazu kommen nicht nur neue Räumlichkeiten und Gebäude, sondern auch neue Aufgabenbereiche, z.B. eine Abteilung für spezifische kriminalistische Fragen sowie eine Abteilung, die sich mit der Abwehr von Wirtschaftsspionage beschäftigen soll. Die Kirgisen sollten sich lieber mit der Abwehr von Korruption befassen, denn dort tummeln sie sich – zumindest nach der Tabelle aus dem Jahre 2009 von Transparency International – schon gefährlich dicht bei Somalia. Und denen wird ja demnächst der Luftraum und alles weitere abgesperrt, bis sie wieder vernünftig geworden sind.

Rosoboronexport in Deutschland

Das derzeitige Gezerre um Viktor Bout finde ich interessant und ich bin gespannt, ob er den ersten Termin vor Gericht lebend wahrnehmen wird. Foreign Policy schreibt zu seiner sagenumwobenen Rolle: „In reality, he’s a penny-ante operator who can’t hold a candle to the real “merchants of death” like Lockheed Martin, BAE Systems, General Dynamics, Dassault Aviation, Finmeccanica, Boeing, Rosoboronexport, and Northrop Grumman.” (http://www.fpif.org/articles/the_real_merchants_of_death, 21.10.2010).

In einem früheren Blogeintrag schrieb ich bereits, dass mich besonders kleinere oder „unauffälligere“ Strukturen interessieren, die einen geheimdienstlichen Auftrag durchführen oder den man solches unterstellen kann. Bei Staatsbetrieben gewisser Nationen ist das fast schon eine historische Sache, man kann also damit rechnen, dass z.B. der Vertreter des chinesischen Staatskonzern XYZ irgendwie mit dem Geheimdienst verbandelt ist. Es ist auch damit zu rechnen, dass die Mitarbeiter einer israelischen "Kulturabteilung" in Berlin, die so merkwürdig abgeschottet hinter Sicherheitsschleusen und Security, weit abgelegen vom eigentlichen Botschaftsgebäude, wohl auch die neuesten Mossad-Akten zur Islamisten- und Neonaziszene in Deutschland studieren. Foreign Policy nennt in dem zitierten Beitrag auch Rosoboronexport, die staatliche russische Rüstungsagentur, die auch diverse Querverbrindungen zu russischen Geheimdiensten aufweist. Erst vor ganz kurzer Zeit ist diese Agentur von der schwarzen Liste in den USA genommen worden, man darf also wieder ungestraft Geschäfte mit den „wahren Händlern des Todes“ betreiben. Bei der traurig-exponierten Stellung, die Deutschland im internationalen Rüstungshandel hat, habe ich mich immer wieder gefragt, welche Dunkelmänner der Branche aus dem Ausland hier in Deutschland vertreten sind – wohl zumeist diskret. Eine glückliche Fügung und engagiertes Krabbeln in Mülltonnen führte mich zu etwas, was auf Rosoboronexport hindeutet, zumindest interpretiere ich das so.

Also: Auf der offiziellen Firmenwebsite findet man nur eine Adresse:

"ROSOBORONEXPORT" State Corporation
27, Stromynka Street, Moscow, 107076,
Russian Federation

Für mich sieht es aber so aus, dass Sergei Tsyplakov, derzeitiger Vertreter von Rosoboronexport in Peking, zumindest für eine gewisse Zeit seine Deals auch in Berlin und von Berlin aus einfädeln konnte. Und zwar in einem Bürohaus in der Friedrichstrasse in Mitte (Adresse verrate ich nicht). Seine (damalige und jetzt inaktive) Telefon- und Faxnummer endete mit einer 0 bzw. einer 1 (auch hier verrate ich nicht mehr, sonst bin ich plötzlich nach dem Besuch eines dort in der Nähe gelegenen, sehr guten Sushi-Restaurants plötzlich radioaktiv verseucht...:). Das Büro lief dort unter dem für westliche Ohren gewöhnungsbedürftigen Namen „Föderaler Staatl. Untinarbetrieb, Rosoboronexport“. Ich finde bisher nichts in offiziellen und weniger offiziellen Telefonverzeichnissen, auch aus der Vergangenheit, die auf diesen Anschluss verweisen. Aber vielleicht übersehe ich auch etwas.

Das mit dem Büro in Berlin scheint sich zunächst erledigt zu haben, vielleicht ist den Russen hier auch alles zu kompliziert geworden, Stichwort Iran-Sanktionen. Mittlerweile aber hat sich ja, wie gesagt, auch gegenüber solchen Firmen ein großzügiges Wohlwollen des Friedensnobelpreisträgers in Washington eingestellt, so dass man eventuell bald wieder einen „Händler des Todes“ in Berlin antreffen wird. Das hätte auch den Vorteil, dass deren Vertreter hier direkt vor Ort den gerade etwas schwachen Rüstungshandel mit der Volksrepublik China wieder in die Gänge bringen könnte. Dazu bieten sich hier neben der chinesischen Botschaft ja auch so interessante Ableger, Büros, "Europa"-Niederlassungen,Restaurants usw. an... *munkel*