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Die Nomenklatura wird parasitär

"Der Parasitismus einer Klasse entsteht durch das Sinken ihrer gesellschaftlichen Rentabilität: Die Klasse beginnt die gesellschaft mehr zu kosten als sie ihr bringt. Dieser Prozeß läuft auf zwei Ebenen: Die Privilegien bzw. der Anteil der parasitär werdenden Klasse am erarbeiteten Produkt steigen und gleichzeitig sinkt die von ihr für die Gesellschaft vollbrachte Leistung. Der Nullpunkt der Klassenrenatbilität liegt dort, wo sich die beiden Vektoren treffen... Der Parasitismus der Nomenklatura ist sozial bedingt, und zwar durch ihre Stellung als Klasse."

An diese Ausführungen erinnerte ich mich, als ich ein ca. 6-minütiges Video betrachtete, welches mir der Mitarbeiter einer NGO von seinem Einsatz in Nordkorea mitbrachte. Das Video zeigt einen gewöhnlichen Nordkoreaner in einem Krankenhausbett an einem Tropf hängend. Nun wusste ich nur von dem NGO-Mitarbeiter, dass es sich um ein Krankenhaus handeln soll. Es hätte auch eine Baracke an der Ostfront 1944 sein können. Der Tropf war eine alte Getränkeflasche. Und nun kam eine andere Recherche hinzu, nämlich zu den Krankenhäusern der Elite. Wo genießen die Mitglieder des Kim Clans ihre Behandlung? Und in welchen Ländern werden sie ebenfalls behandelt? 


Inwieweit ist es überhaupt vertretbar, wichtige Technologie für den medizinischen Einsatz zu sanktionieren und haben die Mitglieder, die Kinder der Elite weniger Anrecht auf lebenserhaltende Maßnahmen?

Der eingangs zitierte Text stammt übrigens aus dem interessanten Buch "Nomenklatura. Die herrschende Klasse der Sowjetunion" von Michael S. Voslensky (1980). Es bestätigt meine Ansicht, dass es nützlich ist, sich mit dem Zerfall der späten Sowjetunion zu befassen, will man eine Prognose zu Nordkorea abgeben. Vermutlich wissen auch die Planer in Nordkorea, dass sie den Punkt, an dem sich die genannten Vektoren treffen, vermeiden müssen. Und umgekehrt müsste man - um das Regime in Nordkorea kollabieren zu lassen - darauf hinarbeiten, also den Parasitismus der herrschenden Klasse sogar noch begünstigen, gleichzeitig aber es der durchschnittlichen Bevölkerung noch schwerer machen. Aber auch das ist eine moralische Frage, denn es würde vermutlich weiteren Hunger und Tod bringen.

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